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Laster 1 - Kampf mit der Lust

Teil 1/3 zum Thema Laster

Selbstzerstörung verpackt in Selbstverwöhnung - Laster, das kleine Betäubungsgift für den Alltag

Quelle: Bohus/Wolf: Interaktives SkillTraining für Borderline-Patienten; Schattauerverlag 2009; S208-2011; Willberg, Hans-Arved. Kleine Laster; Alltagssüchte - wie Sie sie erkennen und bewältigen. Witten: SCM R. Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, 2008.


Verschiedene Arten von Süchteleien und kleine Laster die wir durch das Leben tragen. Abgesehen von den harten, illegalen Drogen(z.B. Heroin) gibt es z. B.:

  • Substanzabhängigkeiten: Alkohol, Nikotin, Medikamente(weiche Drogen z. B. Cannabis), Lebensmittel (z. b. Schokolade)

  • Medienabhängig: TV, Video, DVD, Bildschirmspiele, Internet

  • Leistungs- und Geltungssucht: Arbeit, Geld, Sex, Macht, Spielsucht, Sport, Einkauf

Diese Süchte sind weit mehr verbreitet und tolerierter, als bekannte harte Drogen. Und trotzdem sind es Süchte, wo Menschen darunter leiden. Süchtig können wir nur nach etwas werden, was uns in irgendeiner Form Lust bereitet. Auch wenn Sie vielleicht sehr unter Ihrem Laster leiden, haben Sie doch Lust dazu. Ich weiss noch, dass mich das sehr erstaunt hatte. Ich litt jahrelang unter Bulimie und hasste die Sucht wirklich! Und doch musste ich irgendwann feststellen, dass ich das Ritual aus Fressen und Kotzen(Entschuldigung für den Ausdruck, doch das trifft es leider sehr) auch mit einer Prise Lust verband. Auch wenn es sich für andere komisch anhört. Ich könnte z. B. nie ein Glas Alkohol trinken oder Zigaretten rauchen, das finde ich echt eklig. Noch lieber Kotze ich halb verdauten Kuchen! Ich hatte manchmal richtig Lust darauf und konnte es kaum erwarten! Doch die Abhängigkeit hasste ich, das Süchtig-sein. Die Handlung an sich bereitete mir Lust; allein die Vorstellung noch heute.


Lust kann uns so oft begegnen, in Form von Bilder (z. B. Pornographie, Stalker), Essen, Musik oder beim Sport. Doch ab wann wird der harmlose Nervenkitzel(Lust) in der Achterbahn zum gefährlichen Adrenalin beim Rasen auf der Autobahn? Ab wann ist ein kleines Laster ernsthafte Sucht? Und warum werde ich selbst dieses harmlose Laster, trotz allem, nicht los? Bin ich denn schon süchtig? Diese Fragen wollen wir in folgenden Abschnitten nachgehen. Denn Sucht ist verbreiteter als man denkt.


Jede sinnliche Erfahrung, „das Glück im Augenblick“, kann sich bis zur Ekstase steigern. Finden wir zu stark gefallen daran, kann sich eine Sucht daraus entwickeln. Diese Lust hat einen typischen Charakter. Merkmale davon sind:

  • diktatorisch: Ab gewisser Intensität, lässt sie sich kaum mehr aufhalten (point-of-no-return)

  • bis zum Höhepunkt/Ekstase

  • bei Unterbruch: Wut, Ärger, Depression (Unbefriedigung, Frust)

  • fordert Wiederholung

  • unsere Vorstellung an das Suchtmittel ist meist grösser als es tatsächlich ist, dies führt zu Enttäuschung

  • muss nicht zwingend angenehm für uns sein! Lust + Schmerz / Lust + Ekel

  • wir entwickeln einen Drang, ein Begehren danach (craving)


Was haben alle Süchte denn gemeinsam?

Der Auslöser selbst und assoziierte Reize(alles was einen daran erinnert) haben sich neurobiologisch im Lustzentrum des Gehirns verankert. Dies wird aktiv durch den Auslöser oder dessen Reiz. Und je wahrscheinlicher die Lustbefriedigung stattfinden kann, umso weniger lässt sich der Drang danach kontrollieren.

Äusserlich wird ein Süchtiger daran erkennbar:

  • Körper: sein Sympatikus ist hoch aktiv: Kreislauf, Blutdruck, Puls, Atmung alles erhöht, der Körper ist im Kampf-Flucht-Modus, darum wirken Süchtige nervös und hibbelig

  • Wahrnehmung: der Süchtige hat einen Tunnelblick für das Objekt der Begierde, er wirkt rücksichtslos zu sich und andere, weil er für sein Ziel „alles über Bord wirft“

  • Handlung: sichtbar ist der Kontrollverlust je stärker die Lust/Begehren, der Drang

  • Folgegefühl: oft Scham und Schuldgefühl, man schämt sich für den Kontrollverlust, es steht einem nicht zu, zu sündigen; der Genuss im Moment ist so gross, wie die Scham danach, es entsteht eine Leere, Depression folgt


Wann also wird die Lust zum Problem?

Etwas zu geniessen hinterlässt normalerweise ein wohliges Behagen. Genuss ist eine leicht Lust, die uns die Wahl lässt, es zu wiederholen oder nicht. Das Gegenteil, wenn man etwas nicht geniessen kann, wäre zu starke Kontrolle, Verkrampfung. Also man verbietet sich etwas, was eigentlich gerechtfertigt wäre, aber man kann es wie nicht zulassen. Da hilft nur sich zu entspannen, sich auf den Augenblick zu konzentrieren, locker werden, loslassen und geniessen. Hilft das nicht muss man das auch genauer anschauen.

Stressen tut uns dafür bereits, wenn wir unsere Lust unter gegebenen Umständen nicht befriedigen können. Also ich kann jetzt kein Bier trinken, einfach, weil ich keines gekauft habe. Pech.


Süchtig ist man ab dem Zeitpunkt, wo die Unbefriedigung nicht mehr auszuhalten ist. Also ich brauche jetzt einfach ein Bier! Ich kann mich nicht mehr frei entscheiden zwischen der Lust und den alltäglich Vorhaben. Wenn das Ausüben der Lust oder das Begehren danach, uns im Alltag hindert, uns in der Freiheit einschränkt und somit schädigt, sind wir süchtig. Weil der Übergang von harmloser Lust zur Sucht so fliessend ist, verleugnen viele Süchtige zuerst, dass sie wirklich ein Problem haben. Denn das tückische, vor allem an kleinen Lastern, ist, dass sie ja nicht verboten sind. Die kleinen Laster sind auch die, welche uns oft auch den Alltag erst erträglich machen. Sie helfen uns! Ohne sie haben wir erst recht ein Problem! Wie würden wir unsere Anforderungen im Leben denn ohne Zigaretten, fünf Kaffeetassen, Beruhigungstabletten und Schokolade gerecht werden? Wie ohne Benzo‘s die soziale Angst aushalten, ich muss unter die Leute und meinen Vortrag halten! Wie ohne Ritalin die Abschlussprüfungen schaffen? Oder den Alkohol-Party-Pille-Trip jedes Wochenende, womit wir uns von Wochenende zu Wochenende durchs Jahr hangeln. Ich will wenigstens ein bisschen Spass im Leben. Jeder hat doch ein kleines Laster!



2. Wie gehe ich nun dagegen vor, wenn es mich doch stresst?









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